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Familie Stephan - Erinnerungen an Striese

(Niedergeschrieben nach den Erinnerungen ihres Vaters von Sabine Quendler, geb. Stephan)

Geschichte bedeutet, sich seiner Wurzeln bewußt zu sein. So geht es mir, die ich eine der "Nachgeborenen" bin, die Striese nicht als Heimat erlebt haben, und trotzdem lebte ich gedanklich mit meinem Vater immer wieder mal in der Vergangenheit, wenn er sich seiner Jugend erinnerte.

Mein Vater, Kurt Stephan, geboren am 07.04.1921 in Striese, Sohn von Richard Stephan und dessen Frau Anna. Er hatte einen jüngeren Bruder namens Richard, geboren am 09.03.1926, und eine Schwester, Ilse, die aber schon als Kind in Striese gestorben ist.

 

(Foto: Richard und Anna Stephan)

Sein Vater Richard Stephan, also mein Opa, war Maurer und hatte später ein kleines Bauunternehmen. Mein Vater sollte auch in diese Richtung einsteigen, aber das wollte er nicht. Eigentlich wollte er lernen, was aber vom Vater nicht verstanden wurde, und so wurde er in Trebnitz Gärtner und Blumenbinder. Sein Bruder Richard stieg dann in die Laufbahn des Vaters ein, was ihm beim Vater große Sympathie einbrachte.

Wenn mein Vater erzählte, dann spielten dabei die Freunde seiner Kindheit und Jugend eine große Rolle. Da waren einmal die Schule und der Lehrer Gruhn, und da waren das Gut und die Familie von Witzendorff. Hier gab es viele Gemeinsamkeiten. Zu den Kinderfreunden gehörten Peter und Christian von Witzendorff und deren kleine Schwester Babette. Gemeinsam wurden die Kinderstreiche begangen, wie sie wohl viele Kinder erleben. Der kleine Bach des Dorfes wurde angestaut und die Keller unter Wasser gesetzt. Beim Lehrer wurden die Hasen befreit, und bei Gästen auf dem Schloß, die besonders fein taten und die Kinder immer wieder zu Disziplin und Ordnung ermahnten, wurden auch mal die Reifen der schönen Autos beschädigt. Besonders arg fand ich immer, wie die Jungen mit der kleinen Babette umgingen. So stiegen sie in das Zimmer über Babettes Schlafzimmer und ließen einen toten Hasen vor ihrem Zimmerfenster baumeln, riefen dann nach Babette, die  verschlafen ans Fenster kam und sich furchtbar erschreckte.

In seiner Jugendzeit fühlte sich mein Vater besonders von einer jungen Frau angezogen, der Else Kiesewetter. Sie war wohl seine Jugendliebe. Nach dem Krieg lebte sie in der Nähe von Görlitz, und wir haben sie in den 1960er Jahren auch einmal gemeinsam besucht.

Die Familie meines Vaters und die Familie Hoffmann waren eng miteinander verwandt. Es gab einen engen Kontakt, denn die Häuser lagen nahe beieinander. Als die kleine Stephan Ilse gestorben war, und die Tante Hoffmann eine Tochter bekam, wurde diese auch Ilse genannt. Sie lebt heute als Ilse Neumann in Görlitz und ist 81 Jahre alt. Für mich ist sie die letzte lebende Deutsche, die ich kenne, die in Striese gelebt hat.

Eine sehr enge Freundschaft verband die Stephan Anna mit der Martha Pollesche. Wie die meisten Einwohner von Striese arbeiteten Pollesches auf dem Gut. Die Mutter Pollesche in der Küche. Das war für die Jungs, meinen Vater, die Witzendorffs und die drei Pollesches wunderbar. Hier gab es immer wieder mal Leckereien außer der Reihe. Solange die Mutter Pollesche lebte, hat mein Vater versucht, den Kontakt zu halten. Auch ich war bei einem dieser Besuche dabei und lernte die Zwillinge des ältesten Pollesche Sohnes kennen, Rosmarie und Waltraud Pollesche. Sie waren genauso alt wie ich, und wir freundeten uns an. Wir schrieben uns und besuchten uns gegenseitig. Nachdem wir aber eigenen Familien gründeten, hat es sich leider verloren.

Solange mein Vater gearbeitet hat, war für Striese kaum Zeit, aber als er Invalidenrentner wurde, und er mehr Zeit hatte, rückte die Vergangenheit wieder näher. Schwierig war es aber trotzdem, denn in der DDR war man nicht so an einer Ahnenforschung interessiert, die in die ehemaligen "Ostgebiete" und in den Westen reicht. Trotzdem begann er bei seinem Bruder, der mittlerweile im Westen lebte, in Harsum bei Hildesheim. Der hatte immer wieder mal Kontakt zu den Schlesiern gehabt, war auch auf einem der Treffen gewesen, aber es waren nur wenige Strieser da, und die waren für ihn zu alt. Er hatte aber einige Adressen bekommen, so von Peter von Witzendorff. Mit ihm hat er sich dann auch in Verbindung gesetzt, aber ein Treffen hat es nicht gegeben, und Peter von Witzendorff ist dann 1971 verstorben. Damals war die Suche ja auch weitaus schwieriger, ohne die moderne Technik. In den 1980er Jahren sahen wir im Fernsehen eine Sendung über die Künstlerin Gisela von Naso, und es kam die Verbindung zur Witzendorffs zur Sprache. Es dauerte aber noch bis nach der Wende, als ich begann, den Faden weiterzuspinnen und Kontakt zu Frau von Naso aufnahm. Sie verwies mich an Bodo Zapora und dessen Bemühungen um den Kontakt zu Striese. Leider ist Frau von Naso inzwischen 2008 auch verstorben.

So wie mein Vater diese Bindung an seine Heimat hatte, so bin ich seit den 1980er Jahren bemüht, dies weiterzuführen. Das verstärkte sich mit zunehmendem Alter. Ich wollte wissen, woher wir kommen, wie die Menschen damals lebten, und vielleicht auch, was es für Menschen waren.

Zuerst bin ich nach Görlitz gefahren, zu Menschen, die Striese erlebten. So gut es ging, habe ich sie befragt, aber die noch etwas sagen können, werden immer weniger, und es tut mir leid, daß ich nicht schon früher damit begonnen habe.

Dann sind wir nach Striese gefahren. Leider war mein Vater da schon verstorben. Er starb am 21.02.1998 an Herzversagen.

Etwa 10 Jahre vor seinem Tod begann er ganz intensiv, Kontakte in die Vergangenheit zu suchen und zu knüpfen. So ließ er die Verbindungen zu den noch lebenden Mitgliedern der Familien Stephan und Hoffmann intensiver wieder aufleben. Der Kontakt zu seinem Bruder Richard in Harsum bei Hildesheim bekam eine neue Intensität. Gemeinsam lebten sie die Jahre, die ihnen blieben. Bei allen Treffen spielte auch die gemeinsame Vergangenheit eine Rolle und ihre Heimat mit ihren Menschen in Striese.

Nach Ende des Krieges 1945/46 waren die ersten Stephans nach "Aussiedlung" in Halle/Saale ansässig. Das war Herta Stephan, verheiratete Andrä, 06128 Halle/S. Sie hat einen Sohn, ist aber selbst bereits 2001 verstorben.

Ihre Schwester Ingelore und die Eltern strandeten erst in Leipzig und wohnten dort ganz oben im Hauptbahnhof. Sie halfen meinem Vater, dem Kurt Stephan, in Leipzig bei Blumen-Hanisch eine Anstellung als Gärtner zu finden. Nachdem der Rudolf Stephan in Leipzig gestorben war, zogen Frau und Tochter in den 1950er Jahren nach Halle/Saale. Hier wohnte bereits die ältere Tochter. Ingelore heiratete den Fleischer Engelbert Müntzer, und sie bekamen eine Tochter, die Elke, die Krankenschwester wurde und im Klinikum in Halle/Saale arbeitete. Sie hatte einen Sohn und eine Tochter. Leider ist Elke bereits durch einen Unfall vor 8 Jahren 2005 verstorben, ihre Mutter, die Ingelore, folgte ihr vor 4 Jahren 2009 nach Lungenembolie.

Mein Vater wurde 1947 aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen und richtete sich zuerst nach Halle/Salle. Dort erfuhr er von der Verwandtschaft in Leipzig, und von denen bekam er dann die Nachricht, daß sein Vater in Böhlen bei Leisnig lebte und nach dem Tod der Anna Stephan in Wiese, Kr. Trebnitz, die Witwe seines Schwagers heiratete, Auguste Marschel.

Auch der Richard kam aus der Kriegsgefangenschaft bereits 1946, und so trafen sich die Brüder beim Vater in Böhlen wieder. Opa Richard hatte aber bereits schweres Asthma. Richard, der Maurer, wurde auf großen Baustellen gebraucht. So baute er mit am Flugplatz in Kamenz, großen Bauten in und um Berlin und dem neuen Wohngebiet "Sonnenstein" in Piran.

In Böhlen war auch Werber Fritz aus Striese und hatte eine Bauernstelle übernommen.

Damit endet der Bericht über die Lebenserinnerungen des Kurt Stephan.

Nun folgen noch einige Fotos aus dem Album der Familie Stephan:

Die beiden folgenden Aufnahmen zeigen Wilhelm Stephan, den Vater vom Maurer  Richard Stephan . Wilhelm Stephan lebte bis zu seinem Tod im Haus seines Sohnes in Striese.

 

 

 

Auf dem folgenden Foto stehen: links Waltraud Pollesche, rechts Sabine Quendler, geb. Stephan, und dahinter Kurt Stephan. Das Foto entstand auf dem Pollesche-Hof in Markersdorf:

 

 

 

Kurt Stephan, 1994 in Harsum

 

Richard Stephan junior  + 2009 in Hildesheim

 

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1  Ingelore Stephan, verehelichte Müntzer

2  Herta Stephan, verehelichte Andrä

Kurt Stephan

Ehemann von Herta Stephan: Herr Andrä

5  Sabine Stephan, verehelichte Quendler

 

 

 

 

 

Vielen Dank an Frau Quendler, die diese Erinnerungen ihres Vaters und die Fotos im Jahre 2013 für diese Webseite zur Verfügung gestellt hat!

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